André Schulz

Musiker | Gitarrenlehrer | Autor

Die ganze Wahrheit über Weihnachten

Heiligabend 2022

Im bekannten Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht“ heißt es in der 2. Strophe: „Christ, der Retter ist da“. Und auch im üblicherweise am Heiligen Abend gelesen Bericht aus dem Lukasevangelium lesen wir: „Euch ist heute der Heiland geboren“. Heiland ist einfach ein anderes Wort für Retter. Wer aber ist dieser Retter? Und vor allem: Wen sollte er retten – und vor was? Um diese wirklich entscheidende Frage zu klären, müssen wir im wahrsten Sinne des Wortes bei Adam und Eva beginnen…

Die Bibel sagt, dass die Menschen damals im Paradies Gott sozusagen entglitten sind, dass sie sich von Ihm abgewandt haben. „Warum hat Er das zugelassen?“, könnte man fragen. Weil Gott den Menschen geschaffen hat, um in einer Liebesbeziehung mit ihm zusammenzuleben. Liebe kann aber nur auf freiwilliger Basis existieren. Und es hätte nicht funktioniert, wenn Er sie als willenlose Marionetten erschaffen – oder sie im Garten Eden wie in einem goldenen Käfig eingesperrt hätte. Es brauchte zumindest eine Wahlmöglichkeit, eine Möglichkeit, auch nein zu Ihm zu sagen. Und das taten Adam und Eva leider – mit all den folgenschweren Konsequenzen, vor denen Gott sie gewarnt hatte. Denn indem sie der Schlange mehr vertrauten als Gott, öffneten sie dem Teufel gewissermaßen Tür und Tor in diese Welt! Gott hatte ihnen die Schöpfung übergeben, wie einen prachtvollen, blühenden Gutsbesitz, und der Mensch hat die Schlüssel leichtfertig an jenen gefallenen Engel weitergeben … Der ist wie ein zerstörerischer, dem Eigentümer verhasster Untermieter, den er aber nicht raussetzen kann, weil Gott sich an seine eigenen Spielregeln hält – und die freie Entscheidung des Menschen akzeptieren muss. Die Bibel lässt da leider auch keine Illusion aufkommen: Der Herr dieser Welt – das ist seit damals der Teufel! Und wenn man sich ansieht, was auf dieser Erde hinter (und mittlerweile auch ganz offen vor!) den Kulissen so eingefädelt wird, dann fällt es nicht mehr besonders schwer, das zu erkennen. Und mit ihm kam nicht nur die biologische Vergänglichkeit über die gesamte Schöpfung, sondern auch der sogenannte geistliche Tod über den Menschen. Das ist das Absterben der Fähigkeit, in einer lebendigen Beziehung zum Schöpfer zu leben.

Das alles ist unter der unscheinbaren Überschrift „Der Sündenfall“ im dritten Kapitel des ersten Buch Mose zusammengefasst. Sünde ist letztendlich nur ein anderes Wort für Trennung von Gott. Ganz auf sich selbst zurückgeworfen, ist der Mensch aber dem Kraftfeld des eigenen Egos ausgeliefert. Und das ist eine Klaviatur, auf der der Teufel erschreckend gut spielen kann! Mit dramatischen Folgen, auch da ist die Bibel schonungslos: „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.“ Das ist Gottes niederschmetterndes Resümee – nur ein paar Kapitel nach dem Sündenfall …

Niemand von uns kann jemals auch nur für fünf Minuten wirklich objektiv sein. Wir alle stehen zuallererst auf unserer eigenen Seite, wir messen alle mit zweierlei Maß – und das ist die Wurzel wirklich allen Übels, das in dieser Welt geschieht. Der Humanismus behauptet zwar das genaue Gegenteil, nämlich das der Mensch von Natur aus gut sei, aber wenn man mal einen Blick hinter die vermeintlich guten Taten des Menschen wirft, dann stellt man schnell fest, dass das allerwenigste davon wirklich selbstlos ist. Obwohl der Philosoph Jean-Jaques Rousseau uns ja in seiner Pädagogik die schöne Illusion vom „edlen Wilden“ hinterlassen hat. Man müsse Kinder nur von jeglichen Zwängen und sonstigen schädlichen Einflüssen fernhalten, dann würden sie automatisch nur Gutes hervorbringen. Nach dem Motto: Die beste Erziehung ist die Abwesenheit jeglicher Erziehung. Aber wer mit Kindern zu tun hat, der wacht schnell aus diesem schönen Traum auf. Denn anderen etwas wegzunehmen oder zu lügen – um nur zwei sehr banale Dinge zu nennen – das braucht keinem Kind beigebracht zu werden. Das gehört seit dem Sündenfall sozusagen zur menschlichen Grundausstattung – und das müssten wir eigentlich von uns selbst noch ganz gut wissen. Wir waren ja schließlich alle mal Kinder … Aber wir sind auch alle Weltmeister im Verdrängen unangenehmer Wahrheiten, vor allem wenn´s um uns selbst geht! Und es ist keine Schadenfreude, wenn wir mal genauer hinschauen, wie jener immer noch vielgelesene und vielzitierte Rousseau, der unsere moderne Pädagogik leider wie kein anderer mitgeprägt hat, selbst gelebt hat. Seine ganz persönliche Begeisterung für jene „edlen Wilden“ kam nämlich über seinen Schreibtisch nicht hinaus. Seine eigenen fünf Kinder – die hat er allesamt ins Waisenhaus geschickt. Das ist die Tragik des Menschen, und das ist letztendlich eine Frucht des Sündenfalles: Wir wissen ganz genau wie wir leben sollten – aber wir können es nicht. Rousseau´s Freiheitskonzept vom edlen Wilden ist nur eine Verdrängung, eine Illusion. Vielleicht hat er seine Kinder auch deshalb ins Heim gesteckt, damit die schönen Seifenblasen, die er an seinem Schreibtisch produziert hat, nicht sofort an der rauhen Oberfläche der Realität zerplatzten.  

Hier stehen wir also, damals wie heute. Denn wir sollten uns nicht einbilden, dass wir sogenannten modernen Menschen ethisch höher stehen würden als Adam und Eva, oder als Noahs Zeitgenossen – bloß weil wir einen Lichtschalter betätigen können und täglich 3 Stunden im Internet surfen …

Das ist ein echtes Dilemma. Aber: Schon damals, direkt nach dem Sündenfall, ließ Gott einen Hoffnungsschimmer aufleuchten – jedenfalls für den Menschen. Da prophezeit Er der Schlange nämlich, dass eines Tages jemand kommen würde, um ihr den Kopf zu zertreten. (1. Mose 3, 15) Bevor jetzt jemand beim Tierschutzbund anruft: Das ist natürlich symbolisch zu verstehen und meint, das diese geheimnisvolle Person einst die Macht des Teufels brechen wird, ihm den Schlüssel wieder abnehmen und ihn rausschmeißen wird aus dem einst so prachtvollen Gutshof! Und da kommen wir so langsam zu dem, worum es an Weihnachten wirklich geht …

Aber zuvor hatte Gott noch andere Wege zur Rettung der Menschen eingeschlagen. Der Bedeutendste davon ist sicher die Erwählung des Volkes Israel als sein eigenes Volk.(5. Mose 7, 6+7) In dem Bund, den Er mit ihnen gemacht hat, versprach Er ihnen überreichen Segen, wenn sie Ihm die Treue halten würden. Es ist so, als habe Er aus ihnen ein leuchtendes Beispiel dafür machen wollen, was passiert, wenn man die Liebe dieses großen Schöpfergottes erwidert und Ihm allein gefallen möchte. Damit dann alle anderen Völker das sehen und sich sagen: Das wollen wir auch! Das brauchen wir unbedingt! Aber leider scheiterte dieser Rettungsversuch, denn die Geschichte Israels ist überwiegend eine Geschichte des Abfalles von Gott. Die Menschen sind einfach zu schwach – selbst Sein eigenes Volk. Immerhin konnte der Rest der Welt sogar von Israels Abfall noch etwas lernen. Nämlich: Welche Konsequenzen es hat, dem Schöpfer den Rücken zu kehren. Das Gegenteil von Segen ist bekanntlich Fluch. Kein Volk der Welt ist so privilegiert – und hat zugleich so viel gelitten wie das jüdische. Natürlich geht der Jahrtausende alte Antisemitismus vom Teufel aus, der Gottes Volk genauso hasst wie ihn selbst. Aber Gott hat sie einfach nicht mehr beschützt, und sie sich selbst überlassen. Hat sie mit einem bitteren Lächeln ziehen lassen, vielleicht mit einem sarkastischen: „Euer Wunsch ist mir Befehl“ Und wie groß seine Bitterkeit und sein Schmerz darüber waren, das bezeugen alle Propheten des alten Testamentes. Es hat ihm fast das Herz zerrissen …

Und da stehen wir also – wie damals im Garten Eden – erneut vor den Trümmern einer gescheiterten Beziehung. Aber Gott wäre nicht Gott, wenn Er dabei stehen geblieben wäre. Und so nahm während der Entstehung des Alten Testamentes die Gestalt des „Retters“ immer mehr Kontur an. Insgesamt 330 Prophezeiungen bezüglich des verheißenen Erlösers hat man dort gezählt. Bis hin zu Details wie dem Ort seiner Geburt. Und viele wurden bereits erfüllt – was absolut einzigartig ist in der Welt- und Religionsgeschichte! (Das kann man gar nicht genug betonen!) Nämlich in der Person eines gewissen Jeshua Ben Joseph, den wir heute unter dem Namen Jesus Christus kennen. Und der Name Jeshua bedeutet übrigens Gott rettet … Dieser Name ist wirklich Programm!

Und damit stehen wir plötzlich mitten Stall von Bethlehem und reiben uns verwundert die Augen über den ärmlichen Rahmen, in dem Gott Seinen Sohn in diese Welt kommen lässt. Das taten übrigens auch die allermeisten Zeitgenossen Jesu (Lukas 2, 18), die sich ihren Messias ganz anders vorgestellt hatten. Was unter anderem mit weiteren Prophezeiungen zu tun hatte, die nämlich einen großen König in Macht und Herrlichkeit ankündigen (deren Erfüllung auch heute noch ausstehen) Das nährte damals natürlich die Hoffnung,  dass der „Messias“ (der Gesalbte Gottes) die verhasste römische Besatzungsmacht achtkantig hinauswerfen werde und Israel wieder zu nationaler Größe verhelfen würde. Dass Gott aber ursprünglich angekündigt hatte, dass dieser Retter nicht die Römer, sondern den Teufel persönlich herausschmeißen würde – und zwar aus der ganzen Welt – das hatten sie vergessen. Sie hatten vergessen, dass die von Gott versprochene Rettung etwas viel umfassenderes sein würde, als bloß die politischen Verhältnisse wieder zurechtzurücken. Gott ging es um nichts weniger, als die Umpolung des Vorzeichens vor der gesamten Schöpfung, das damals beim Sündenfall von positiv in negativ verkehrt wurde, wieder rückgängig zu machen. Und damit buchstäblich den Tod zu besiegen und das zu ermöglichen, was Er sich von Anfang an sehnlichst gewünscht hatte: In inniger Gemeinschaft mit den Menschen zu leben – auf immer und ewig.

Aber das Volk Israel war so sehr auf die Prophezeiungen über das zweite Kommen des Messias in Macht und Herrlichkeit fixiert, dass sie jene leisen Töne über den Weg des Leidens und der Demütigung, den der Messias zuvor gehen musste, übersahen. Vielleicht auch übersehen wollten, weil das nicht in ihr Bild passte. Es ist ganz interessant, dass das 53. Kapitel des Buches Jesaja, indem explizit die Leiden Jesu prophetisch beschrieben werden, in den meisten Synagogen nicht gelesen wird. Den Evangelien kann man entnehmen, dass Jesus es selbst bei Seinen Jüngern sehr schwer hatte, ihnen den göttlichen Heilsplan nahezubringen. Dass Er nämlich vorhatte, Sein sündloses Leben als Opfer für die seit dem Sündenfall von Gott getrennte Menschheit hinzugeben. Und das hat Er tatsächlich durchgezogen – am Kreuz von Golgatha. Weil es die einzige Möglichkeit war, die Macht des Teufels zu brechen. All das haben die Jünger erst verstanden, nachdem sie dem auferstandenen Jesus begegnet waren. Und wer mag es ihnen verdenken – sie waren ja die ersten Menschen überhaupt, vor deren Augen und Ohren die ganze Dimension von Gottes Rettungsplan Stück für Stück entfaltet wurde. Das war schon keine bloße Erweiterung des geistlichen Horizontes mehr, sondern das kam schon einer Sprengung gleich. Aber dahinter strahlte ihnen der satte türkis-blaue Himmel von Gottes ewiger Herrlichkeit hell entgegen – und sie waren fasziniert. Und machten sich an die Arbeit, diese Botschaft von der Rettung mit Feuereifer weiterzusagen, zunächst ihrem eigenen Volk, den Juden. Doch bald schon enthüllte Ihnen Gott auch noch dieses: Jesus, der Sohn Gottes, der in einem Stall in das Elend dieser Welt gewissermaßen eingeschleust wurde, ist nicht nur der Messias der Juden – sondern vielmehr der Retter der gesamten Schöpfung! Und somit auch für alle Heidenvölker, also auch für unsere Vorfahren – und uns selbst!

 Und so wie Gott es einst den Israeliten vorlegte, Segen oder Fluch zu wählen, so legt Er es bis heute jedem vor, die ausgestreckte Hand des Retters Jesus zu ergreifen – oder Ihm den Rücken zu kehren. Dieses Angebot gilt noch bis zu Seinem zweiten Kommen in Macht und Herrlichkeit bzw. bis zum Ende des irdischen Lebens jedes Einzelnen. Alles, was wir dabei tun müssen und tun können: Die Vergebung unserer Schuld, unserer hoffnungslosen Ichbezogenheit und Gottesferne einfach anzunehmen. Dieses kleine bisschen Demut verlangt unser Schöpfer von uns: Das wir erkennen, dass wir es nötig haben, errettet zu werden. Dabei geht es nicht um Religiosität. Ganz im Gegenteil: Jesus ist mit der damaligen religiösen Elite so scharf ins Gericht gegangen wie mit keiner anderen gesellschaftlichen Gruppe. Weil die dachten, dass sie sich mit ihren eigenen Werken, ihrer eigenen selbstgebastelten Religiosität vor Gott angenehm machen könnten. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes selbstgerecht. Aber Gott will, dass wir mit unserem Herzen zu Ihm umkehren – und uns von Ihm retten lassen – weil wir das selbst gar nicht können! Nicht mehr und nicht weniger. Jemand hat mal gesagt: Die einzige Sünde, die Gott nicht vergeben kann – ist der Unglaube. Und Unglaube meint hier das Verwerfen bzw. die Gleichgültigkeit gegenüber Gottes Erlösungswerk am Kreuz. Denn es gibt keinen anderen Weg! Jesus hat gesagt: „Niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Johannes 14, 6) Klarer geht´s nicht! Gott stellt uns – wie damals die Israeliten – vor die Entscheidung: Ob wir mit Ihm – oder ohne Ihn leben wollen. Segen oder Fluch. Und anders als damals beim Volk Israel geht´s für uns bei dieser Entscheidung um die Ewigkeit! Um Himmel oder Hölle. Da ist die Bibel sehr klar. (u.a. Matthäus 10, 28; 13 40-42) Und wie Gott damals um sein Volk geworben und gebangt hat, so wirbt Er auch heute um jeden, der sich noch nicht für Ihn entschieden hat. Jesus selbst hat es gesagt: Das im Himmel Jubel herrscht über jeden Sünder, der zu seinem Schöpfer umkehrt. (Lies Lukas 15, 1-7)

Wir werden jetzt das schöne alte Weihnachtslied „Oh du fröhliche“singen. Da heißt es direkt in der ersten Strophe: „Welt ging verloren, Christ ist geboren“. Das ist gewissermaßen die Essenz von all dem, was ich hier gesagt habe. Das – ist das Herz von Weihnachten! Nimm das mit in die Feiertage und ins Neue Jahr! Und die Gewissheit, dass dieser Retter immer nur ein Gebet entfernt ist. Und das Er auf jeden von uns sehnsüchtig wartet!             

© 2024 André Schulz

Thema von Anders Norén